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Coast to Coast – Teil 3: Nevada

Roadtrip

Nach Teil 2 geht es nun mit dem dritten Kapitel des Fahrrad-Abenteuers weiter. Lukas und Marian durchqueren die USA mit dem Drahtesel. Zum Reiselogbuch der beiden Fahrer geht es hier entlang.

Hier der dritte Beitrag auf deutsch nach 75 Tagen Abenteuer, aus den USA:

Verwunderung und Traurigkeit.

Die letzten beiden Bundesstaaten? Schon? Soll die Reise schon fast am Ende angekommen sein? Nevada. Der Start in den vorletzten Bundesstaat unserer Reise war, mal wieder, ein Tag, welcher sich uns sehr eingeprägte. Wir starteten unsere Tagesetappe um 2 Uhr Nachts in Milford, Utah. “Wüste, Sonne, heiß, trocken und eine 134 km Etappe ohne Versorgungsmöglichkeiten. Frühaufstehen und möglichst viele Kilometer im Schatten der Nacht fahren!”, dachten wir uns. Auf den Rädern fuhren wir die ersten Kilometer locker durch die Dunkelheit. Wir wunderten uns nur über zwei Lichter in der Weite. Wanderer oder Jäger mit Taschenlampen mitten an einem Berg in der Nacht? Es stellte sich einige Zeit später heraus, es waren zwei große Lastwagen mit mächtiger Beleuchtung, die sich den Berg hinab schlängelten. Danach sahen wir bis zum Sonnenaufgang keine Lichter mehr.

Coast to Coast

Aber wir hatten mit anderen Problemen zu kämpfen. Anstatt Hitze und Schweiß hatten wir in den Morgenstunden sehr niedrigen Temperaturen. Es wurden alle dicken Pullover und Windjacken angezogen um sich bei den langen Abfahrten warm zu halten. Des Weiteren realisierten wir, dass wenn man die andere Seite eines Tales sieht, nicht in einer halben Stunde dort ist, sondern mit mindestens eineinhalb Stunden rechnen muss. Und so fährt man ständig von Berg zu Berg und Tal zu Tal, denn Nevada besteht aus vielen wellenartigen Gebirgszügen, die wir jedes Mal durchqueren mussten. Im Laufe des Morgens wurde der Tag nicht wie erwartet heiß, sondern blieb relativ kühl und wir hatten Gegenwind. Zusätzlich rächte sich unser frühes Aufstehen, denn gegen Ende war der Kreislauf im Keller und die Müdigkeit drückte auf das Gemüt.

So schleppten wir uns die letzten Kilometer über die Utah-Nevada-Grenze, machten ein lächelndes Foto am enttäuschenden Nevada-Schild und fielen nach 8 Stunden in unsere Motelbetten.

Coast to Coast

The Loneliest Road

Die kommenden Tage verzichteten wir auf frühes Aufstehen und behielten unseren gewohnten Tagesablauf bei (8 Uhr auf der Straße und gegen 14-16 Uhr am Etappenziel sein). Dadurch hatten wir mit erhöhten Temperaturen zu kämpfen, aber wir waren ausgeschlafen und sahen was uns entgegenkommt. Auf dem Highway 50 -The Loneliest Road in Amerika- hatten wir nur Versorgungsmöglichkeiten jeweils am Anfang und Schluss einer Tagesetappe, deshalb mussten wir unser Wasser einteilen. Unterwegs brauchten wir am Tag vier bis sechs Liter Wasser, was zum transportieren recht angenehm war. Überraschenderweise wurden wir zwei Mal von Autofahrern gefragt, ob wir genügend Wasser dabei hätten. Leider fragten diese kurz nach dem Start, so waren wir noch mit genügend Wasser versorgt. Aber der gute Wille zählt ja bekanntermaßen. Gefreut hat es uns trotzdem, dass sich jemand um uns Gedanken macht und nicht einfach an uns vorbeizieht. Was zum Beispiel viele gemacht haben, als Marian mitten im Nirgendwo ein platten Vorderreifen hatte und diesen bei 35 °C ohne Schatten reparieren musste.

Coast to Coast

Unsere Etappen Ziele in Nevada waren immer sehr spannend, da am Highway 50 viele Städte im Western-Look gehalten wurden. Das zeigte ein bisschen das alte Amerika mit Cowboys, Indianer und Saloons. Dazu passend haben wir an einer Raststätte in der Wüste ein älteren Herren kennengelernt, der immer ein Colt bei sich trug und in einem Van im “Military Look” lebte. Dieser erzählt, er hätte sieben verschiedene Waffen in seinem Wagen zum Jagen und zur Selbstverteidigung. Zusätzlich meinte er, dass er kein Problem hätte einen Angreifer niederzuschießen und den Leichnam den Tieren zu überlassen. Nach diesen Erläuterungen fragte er uns, ob wir ihn heute Nacht besuchen wollen… Wir lehnten dankend ab und waren froh einige Meter entfernt unser Zelt aufgestellt zu haben.

Coast to Coast

Der „Wanderer“

Ein weiterer sehr merkwürdiger Moment war, als wir fünf Minuten vor einer Raststätte (“Majors Place”) einen Wanderer mit zotteliger Gesichts- und Kopfbehaarung und nur mit einem kleinen Rucksack ausgerüstet sahen. Wir grüßten ihn, aber wir bekamen keine Reaktion. Wir dachten uns nichts dabei, wunderten uns aber über das Wandern in der Wüste.

Coast to Coast

Später erreichten wir die Raststätte und fragten die Bardame nach dem Umherstreifenden. Sie meinte, dass diese Person nur nach einem Kaffee verlangt hätte und sie aber nur Bier, Wasser und Soda im Angebot hätten. Daraufhin wäre der Fußgänger seines Weges gezogen. Wir setzten uns mit einem kalten Getränk auf die Veranda der Raststätte und redeten mit einem anderen Radler, welchen wir dort trafen. Plötzlich kam ein Auto auf den Parkplatz gefahren und eine Dame fragte uns, ob wir einen Wanderer gesehen hätten, denn dieser würde am Rand der Straße leblos liegen. Sie konnte diesem nicht helfen, weil sie Angst vor entflohenen Häftlingen hätte, da in der Nähe wohl ein Knast wäre und die Behörden Leute warnen würden Fremde mitzunehmen. Wir waren natürlich gleich hellwach und beratschlagten was wir tun könnten. Unser Radfahrkollege fuhr daraufhin in die Richtung des Umherstreifenden konnte ihn aber nicht finden. Zum Glück war ein Ex-Rettungssanitäter in der Raststätte. Dieser machte sich zusätzlich mit dem Auto auf die Suche und fand ihn. Er konnte den Typen wecken, mit Wasser versorgen und brachte ihn später in die nächste größere Stadt.

Ein Fazit daraus war, Fahrrad fahren in der Wüste ist schon recht anstrengend, aber wandern würden wir keinem empfehlen… Passend dazu wunderten wir uns über eine hunderte Meter hohe Sanddüne einige Kilometer vor der Stadt Fallon. Man kam sich ein Wenig vor, als wäre man der einsame Radler in der Sahara. Das war sehr bizarr, aber auf der anderen Seite auch sehr interessant, dass es auch sowas in den USA gibt.

Coast to Coast

Durch weite Strecken ohne Versorgungsmöglichkeiten waren wir gezwungen die vorgegebenen Streckenabschnitte von Stadt zu Stadt zu machen. Aus diesem Grund und durch gute Fahrten in Kansas waren wir unserem Zeitplan weit voraus. So entschieden wir an der Nevada-Kalifornien-Grenze am Lake Tahoe etwas länger zu verweilen. Was dort geschah und wie unsere Reise zum wohlverdienten Ziel war, werden wir im nächsten und letzten Beitrag berichten…

Grüße Marian und Lukas

Coast to Coast

Hier geht es zu Teil 4 des Reiseberichtes

Johannes
Ein Beitrag von Johannes

Johannes Eich, Art Director und Publizist. Steht auf Hotdogs und Altbau. Internetsüchtig im fortgeschrittenen Stadium. Wischt sich mit Hipstern den Arsch ab. Ist selbst einer.

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